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Die Rolle der Dresdner Bank im Nationalsozialismus

’Wem an der Zukunft etwas liegt, muß wissen, was die Vergangenheit uns lehrt’, sagt der alte Goethe in Weimar. Ohne jeden Hochmut sind wir stolz auf die Geschichte unseres Hauses und stellen uns dabei durchaus den Lehren der Vergangenheit. Tempora mutantor et nos mutamor in illis. Die Zeiten ändern sich und wir mit Ihnen.

Jürgen Sarrazin, Vorstandsvorsitzender a.D. zum 125sten Geburtstag der Dresdner Bank.

Kein anderes führendes Kreditinstitut identifizierte sich so vollständig mit den Zielen der NSDAP, der Nazi-Regierung und der SS, und keine andere Bank schlug aus ihren politischen Beziehungen so rücksichtlos Profit, so der US-amerikanische OMGUS-Bericht nach dem Krieg.

Recherche zur Deutschen Bank und zur Dresdner Bank durch die Militärregierung der Vereinigten Staaten für Deutschland, Finanzabteilung - Sektion für finanzielle Nachforschungen auf der Grundlage von Dokumenten und Verhören.

Ermittlungen gegen die Dresdner Bank, 1946
Empfehlungen
Es wird empfohlen:
1. durchgreifende Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind, den Dodge-Plan zur Dezentralisierung des Bankwesens in Form eines Viermächtegesetzes zu verwirklichen;
2. die Dresdner Bank zu liquidieren;
3. die verantwortlichen Mitarbeiter der Dresdner Bank, alle Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder sowie bestimmte Abteilungs-, Filial- und Zweigstellenleiter anzuklagen und als Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen;
4. die verantwortlichen Mitarbeiter der Dresdner Bank von wichtigen Positionen im politischen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands zu entfernen und für die Zukunft davon auszuschließen.

Aus: OMGUS Bericht, Ermittlungen gegen die Dresdner Bank - 1946 -, herausgegeben von Hans Magnus Enzensberger, verlegt bei Franz Greno, Nördlingen 1986.

Aufgrund ihrer stets "prompten Erledigung" von SS-Kapitalbedarf war die Dresdner Bank das bevorzugte Kredithaus der SS. Sie galt in der NSDAP und ihr nahestehenden Kreisen als die "SS-Bank". Sie beteiligte sich nicht nur an den wirtschaftlichen Unternehmungen der SS, war mit nicht weniger als sieben Vertretern im "Freundeskreis des Reichsführer SS" präsent, führte ein Bankenkonsortium an zur Finanzierung des Projektes I.G. Auschwitz, sondern stellte ab 1941/42 auch einen Rationalisierungsexperten für das spätere SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt, der Zentrale der Konzentrationslager.

Sowohl in Deutschland als auch in allen besetzten Ländern Europas war sie die Hauptagentur für die zwangsweise "Arisierung" von Unternehmen in jüdischem Besitz. Ab 1936 richtete sie eine eigene "Arisierungsabteilung" ein, noch bevor sich alle anderen Banken aus Rücksicht auf das Auslandsgeschäft dazu trauten.

In den Jahren 1938 bis 1944 expandierte sie gewaltig und machte nach heutiger Rechnung Milliardengewinne. Diese Entwicklung, für die es keine Parallele gibt, war nur deshalb in so kurzer Zeit möglich, weil sie die Finanz- und Industrieressourcen der besetzten Gebiete Europas rücksichtslos ausbeutete - in einem gigantischen Raubzug quer durch Europa. Die Dresdner Bank war praktisch die Nachhut der Wehrmacht. Im besetzten Europa hieß es "hinter dem ersten Tank kommt der Dr. Rasche von der Dresdner Bank" - Dr. Karl Rasche war Direktor der Dresdner Bank.

Die US-amerikanische Militärregierung prangerte die Dresdner Bank als Kriegsverbrecher an und schlussfolgerte, dass Vorstand, Aufsichtsrat und verantwortliche Mitarbeiter "von wichtigen Positionen im politischen und wirtschaftlichen Leben in Deutschland zu entfernen und für die Zukunft davon auszuschließen" seien.

Die Dresdner Bank, die von den westlichen Alliierten in drei regionale Nachfolgeorganisationen aufgeteilt worden war, fusionierte 1957 wieder zur Dresdner Bank AG. Mit dem alten Personal und früheren Beteiligungen stieg sie zur zweitgrößten Bank der Republik auf.

Die Dresdner Bank als Hauptaktionärin der Adlerwerke

Spätestens ab 1943 war die Dresdner Bank die zweitgrößte Aktionärin der Adlerwerke, verfügte allerdings durch Vertretung von Aktiendepots über die meisten, nämlich 48 % der Aktionärsstimmen, und kontrollierte den Aufsichtsrat. Mit Carl Goetz, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Dresdner Bank AG, stellte sie ab 1939 bis Kriegsende den Aufsichtsratsvorsitzenden der Adlerwerke. Hauptaktionär war Generaldirektor Hagemeier, zu dem die Dresdner Bank ein kooperatives Verhältnis hatte; er war Vorsitzender des Landesausschusses der Dresdner Bank in Hessen und Frankfurt.

Schon bei der "Arisierung" des 20.000 qm großen Geländes zwischen Werk I und II war die Dresdner Bank mehr involviert, als sich dies ohnehin durch ihre Aufsichtsratstätigkeit ergab. In Zusammenarbeit mit maßgeblichen Stellen von NSDAP, Gestapo und Adlerwerken wurden die jüdischen Eigentümer der Firmen auf diesem Zwischengelände ab 1933 zur Unterschrift unter "Arisierungsverträge" gezwungen.

Im Juli 1997 erschien eine Pressemitteilung der Dresdner Bank in der es hieß:

... Die Dresdner Bank hat kürzlich das Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e.V. an der Technischen Universität Dresden beauftragt, ihre Geschichte während der NS-Zeit zu erforschen. Das Institut hat zur Unterstützung des Projekts einen Fachbeirat aus international renommierten Wissenschaftlern gebildet. Er besteht aus Prof. Dr. Christoph Buchheim (Mannheim), Prof. Dr. Saul Friedländer (Los Angeles/Tel Aviv), Prof. Dr. Harold James (Princeton), Prof Dr. Hans Mommsen (Bochum) sowie Prof. Dr. Alice Teichová (Wien/Cambridge).

Aktuell kann man auf der website der Dresdner Bank erfahren:

... Am Lehrstuhl für Zeitgeschichte der Technischen Universität Dresden wird derzeit eine detaillierte Untersuchung über die Geschichte der Dresdner Bank in den Jahren 1931 bis 1957 erarbeitet. Teilergebnisse über ‚Die Verdrängung der Juden aus der Dresdner Bank 1933-1938’ (Dieter Ziegler), den ‚Goldhandel der Dresdner Bank im Zweiten Weltkrieg’ (Johannes Bähr) und über die ‚Die Dresdner Bank und die Umgestaltung des Bankwesens im Sudetenland 1938/39’ (Harald Wixforth) liegen bereits vor (Literatur über die Dresdner Bank). Die Publikation der mehrbändigen Gesamtstudie ist für Frühjahr 2005 geplant.

www.dresdner-bank.de

So sinnvoll eine solche Forschungsarbeit auch ist, so hat es doch lange, sehr lange gedauert bis die Dresdner Bank – zumindest Auftragsforschern – die Archive öffnet. Und so kann die Dresdner Bank auch weitere acht Jahre seit Veröffentlichung des Auftrags noch überlebende Opfer ihrer nationalsozialistischen Geschäftspolitik hinhalten und Entschädigungsforderungen abbügeln.

Carl Goetz

Der Dresdner Bank und ihrem Aufsichtsratsvorsitzenden Carl Goetz blieben aufgrund der politischen Großwetterlage eine geplante Anklage in den Nürnberger Nachfolgeprozessen erspart. Die Firmen Flick, Krupp und I.G. Farben, alles Firmen, deren Aktivitäten die Dresdner Bank wesentlich finanzierte, wurden wegen Kriegsverbrechen angeklagt und verurteilt. Lediglich Dr. Rasche wurde noch zu sieben Jahren Haft verurteilt.

Symptomatisch war, dass Goetz vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg gegen die Hauptkriegsverbrecher lediglich als Entlastungszeuge für seinen alten Bekannten Fritz Sauckel in Erscheinung trat, dem er bescheinigt, dass er vor allem „den Fremdarbeitern bei der Unterbringung das Gefühl des Eingesperrtsein“ ersparen wollte. Bezüglich der Gräuel des Zwangsarbeiterprogramms, zumal des SS-Wirtschafts- Verwaltungshauptamts, als dessen Hausbank die Dresdner Bank fungiert hatte, durfte sich Goetz durchgängig naiv und unwissend zeigen: „Nachdem mir aus den Veröffentlichungen das Ausmaß der Gewalttaten in KZ-Lagern bekannt geworden ist, überlege ich und grüble, wie das obige Bild mit den jetzt aufgedeckten Vorkommnissen in Einklang zu bringen ist.“ (Carl Goetz, am 21.3.1946 im Rahmen der Kriegsverbrecherprozesse)