Gegen das Vergessen: Übersicht < Menschen < KZ-Häftlinge
Vereinzelt kamen deutsche jüdische Häftlinge sowie Häftlinge aus der Sowjetunion in das KZ Katzbach. Von einem Häftling, Josef Mock, ist bekannt, dass er als Wehrmachtsdesserteur aus dem KZ Buchenwald zum KZ Adlerwerke überstellt wurde. Ebenso wie Max Loock, der von der Gestapo verhaftet wurde, weil er sich gegen „Judenaktionen in abfälliger Weise geäußert“ hatte. Die meisten der insgesamt etwa 1600 Häftlinge des KZ Katzbach / Adlerwerke jedoch wurden nach dem Warschauer Aufstand und der Zerstörung Warschaus verhaftet und kamen über die Konzentrationslager Auschwitz, Dachau, Buchenwald oder das KZ Außenlager Daimler-Benz in Mannheim-Sandhofen nach Frankfurt. Das Alter der Häftlinge reichte von 11 bis 65 Jahren; das Durchschnittsalter betrug 36 Jahre. Die im Sterberegister des Standesamts Frankfurt registrierten Häftlinge waren zu 28% Arbeiter, 21% Handwerker und Kleingewerbetreibende, 19% Angestellte, Kaufleute und Beamte, 11% Landwirte und Landarbeiter, 11% Metallfacharbeiter, 5% sonstige Facharbeiter und 5% Akademiker, Künstler und Unternehmer.
Obwohl der Warschauer Aufstand von 1944 als die größte bewaffnete Erhebung in den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten während des Zweiten Weltkrieges gilt, wurde er außerhalb Polens über viele Jahre vergessen und verdrängt. Er ist auch nicht identisch mit dem Aufstand im jüdischen Ghetto in Warschau von 1943.
Auch nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Polen im September 1939 und der Teilung des Landes zwischen Nazideutschland und Sowjetrussland nach dem Hitler-Stalin-Pakt agierte die polnische Exilregierung in Paris bzw. London als Repräsentant des polnischen Staates. Polen war nach wie vor Mitglied der Anti-Hitler-Koalition, tausende polnische Soldaten kämpften in den Armeen der Bündnispartner.
Im von der Wehrmacht besetzten Generalgouvernement unter Generalgouverneur Hans Frank wurde die polnische Bevölkerung terrorisiert und gedemütigt, die Verwaltung aufgelöst, Schulen geschlossen, die politische und kulturelle Elite wurde ermordet oder in Konzentrationslager verschleppt, die Bevölkerung wurde enteignet oder einer Zwangsgermanisierung mit dem Verbot der polnischen Sprache unterzogen.
Trotz deutscher Besatzung und täglichen Terrors durch Wehrmacht und SS konnte im Generalgouvernement ein funktionsfähiger Untergrundstaat entstehen, der neben der Aufrechterhaltung ziviler Aufgaben wie einem Rechts- und Schulwesen auch über militärische Verbände verfügte, die sich im Laufe der Zeit zur so genannten Armia Krajowa (Heimatarmee, AK) mit ca. 300.000 Mitgliedern zusammenschlossen.
Am 1.8.1944 rief die von der polnischen Exilregierung befehligte Untergrundarmee Armia Krajowa unter ihrem Oberbefehlshaber General Tadeusz Komorowski zum bewaffneten Aufstand auf, da sie mit der Unterstützung durch die Rote Armee, die schon am anderen Weichselufer stand und seit dem Überfall Hitlers auf die Sowjetunion 1941 zu den Alliierten zählte, rechnete. Den rund 25.000 schlecht ausgerüsteten Kämpfern der Heimatarmee standen zunächst knapp 20.000 schwer bewaffnete Wehrmachtssoldaten, SS- und Polizeikräfte gegenüber, die nach Beginn des Aufstandes durch weitere Truppen, Artillerien, Panzer und Kampfflugzeuge verstärkt wurden. Dem ungleichen Kampf war an gleicher Stelle 1943 der jüdische Aufstand im Warschauer Ghetto vorausgegangen. Da die AK nur unzureichend durch die Westalliierten unterstützt wurde und die Rote Armee nicht helfend eingriff, verlor sie Zug um Zug an Boden. Mit Hilfe der im Warschauer Ghetto bereits eingesetzten Häuserkampftechnik des „straßenzugsweisen Abbrennens“ plante die SS, „die gesamte Bevölkerung Warschaus zu ermorden oder in deutsche Konzentrationslager abzuführen“. Der Reichsführer der SS, Himmler erließ folgenden Befehl: „Jeder Einwohner soll getötet werden. Warschau soll dem Erdboden gleichgemacht werden, und damit soll ein abschreckendes Beispiel für ganz Europa geschaffen werden.“ Den Oberbefehl für die Aktion erhielt der Chef der so genannten Bandenkampfverbände, SS-Obergruppenführer Erich von dem Bach-Zalewski. Seine Order lautete, alle kämpfenden Partisanen niederzumachen und die Zivilbevölkerung ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht zu töten. Die berüchtigsten SS-Verbände wurden zusammengezogen und begannen ihr Morden im Arbeiterviertel Wola, wo sie allein am 5.8.1944 nach vorsichtigen Schätzungen 15.000 Zivilisten in den Hinterhöfen zusammentrieben und erschossen. In der Nacht zeigte sich der Kommandeur der Exekutionskommandos ratlos, was er mit den übrigen Menschen anfangen solle, da er weniger Munition als Gefangene habe. Darauf berichtete der Oberbefehlshaber der 9. Armee von einer sich abzeichnenden Abänderung des Vernichtungsbefehls: „ Der Führer hat mir gesagt, er kann noch eine Million Menschen gebrauchen.“ Der neue Auftrag von Himmler an Bach-Zalewski lautete, die „einsatzfähigen Kräfte ins Reich zu überführen“.
Im Warschauer Vorort Pruszkow wurde ein Durchgangslager eingerichtet, in das die Zivilbevölkerung der Zug um Zug von den Deutschen eroberten und zerstörten Stadtteile zur Selektion in die Konzentrationslager durchgeschleust wurde. Am 12.8.1944 traf der erste Transport in Auschwitz ein. Zwischen dem 12.8. und dem 17.9. wurden in vier Transporten 13.000 Männer, Frauen und Kinder von Pruszkow nach Auschwitz deportiert. Am 9.9. ging in Warschau der Befehl ein, nur noch diejenigen Männer in die Konzentrationslager zu bringen, die aktiv gekämpft hatten. All diejenigen, die sich freiwillig ergeben haben, mit Frauen und Kindern, sind in den normalen Arbeitseinsatz nach Deutschland zu führen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren bereits 50.000- 60.000 Frauen und Männer zur „Vernichtung durch Arbeit“ in die Konzentrationslager verschleppt worden.
70 bis 80% aller Gebäude mit der historischen Altstadt, Bibliotheken und Archiven in Warschau waren durch die deutsche Armee während des Aufstandes und der systematischen Einäscherung der Stadt durch Sprengkommandos nach dem Aufstand zerstört worden. Mindestens 150.000 Zivilisten und 16.000 AK-Angehörige wurden bis zur Kapitulation am 2.10.1944 getötet und Warschau gemäß dem Führerbefehl anschließend dem Erdboden gleichgemacht. 200.000 Menschen, meist Zivilisten, waren ermordet, 60.000 in Konzentrationslager und zur Zwangsarbeit verschleppt worden. Als 1945 die Rote Armee einrückte lebten nur noch 5.000 Menschen in den Ruinen Warschaus.