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Rede von Wladyslaw Jarocki

Mahngang anläßlich des 53. Jahrestages des Todesmarsches der KZ-Häftlinge aus den Adlerwerken nach Buchenwald, 24. März 1998

Wladyslaw Jarocki während seiner Rede

Wladyslaw Jarocki während seiner Rede

Foto: LAGG e.V.

In der zweiten Hälfte des Jahres 1944 begannen die Nazis in den Konzentrationslagern die Liquidation der Gefangenen durch die "Vernichtung durch die Arbeit" umzusetzen. Die Lagerbüros waren die Kontore des Sklavenhandels des 20. Jahrhunderts. Hier suchten die Vertreter von Adlerwerken, Daimler-Benz und anderen Firmen in Begleitung von SS-Leuten die menschliche Ware aus. In den ersten Septembertagen 1944 wurden 3033 internierte Männer aus dem Warschauer Aufstand ins KZ Dachau eingeliefert. Ende September 1944 wurden nach einer Selektion 1060 Gefangene aus dieser Gruppe zur Arbeit in den zur Rüstungsindustrie gehörenden Adlerwerken, in das KZ-Außenlager Katzbach, eingeliefert. Terror, physische Vernichtung, sowie Sklavenarbeit, Hunger, Kälte, Läuse, Exekutionen und menschenverachtende Behandlung in diesem KZ-Außenlager führten dazu, daß innerhalb von 6 Monaten die Hälfte der Gefangenen aus dem KZ Dachau ums Leben kam. Sie fanden einen langsamen und qualvollen Tod. 528 Verstorbene aus diesem Kommando ruhen auf dem Friedhof der Stadt Frankfurt. Letztes Jahr wurden sie durch einen "Sarkophag" von großherzigen Deutschen geehrt, die wissen, dass das Bekennen der Wahrheit Mut bedeutet und Schweigen und Leugnen Feigheit.

Da die Front näherrückte, wurde das Lager 1945 evakuiert; der Teil der Gefangenen, der nicht zu Fuß gehen konnte, wurde in Kohlewaggons verladen und ins KZ Bergen-Belsen abtransportiert. Über diesen Transport existieren keine Unterlagen. Die anderen 400 wurden in dem sogenannten "Todesmarsch" ins KZ Buchenwald gehetzt.

Während dieses Marsches wurden die schwächeren Gefangenen, die in der Kolonne nicht mehr Schritt halten konnten, am Wegrand von SS-Leuten erschossen. Nach fünf Tagen dieses Marsches durchquerten 200 von uns - vor Erschöpfung und Hunger wankend - das Tor des KZ Buchenwald.

Das war vor 53 Jahren. An die heutige Generation habe ich nur eine Botschaft: Es muss verhindert werden, dass "der Schlaf der Vernunft Dämonen gebiert".