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Rede von Herrn Jarocki, einer der ehemaligen KZ-Häftlinge des KZ »Katzbach« bei der Einweihung des Gedenksteins

Wladyslaw Jarocki

Wladyslaw Jarocki 1997 bei der Einweihung des Gedenksteins.

Foto: Klaus Malorny

6. September 1997

Sehr geehrte Damen und Herren,

wieviel sich im Laufe eines halben Jahrhunderts ändern kann, beweist die heutige Feier zur Einweihung des Grabsteines, der am Ruheort von 528 polnischen Gefangenen steht, die unter den unmenschlichen Bedingungen starben, denen wir unter dem Kommando KZ-Buchenwald in den Adlerwerken im Zentrum der schönen Stadt in der Zeit von September 1944 bis März 1945 ausgeliefert waren. Diejenigen von Ihnen, die von den furchtbaren dort herrschenden Bedingungen mehr erfahren wollen, verweise ich auf das Buch von Ernst Kaiser und Michael Knorn unter dem sprechenden Titel »Wir lebten und schliefen zwischen den Toten". Und jetzt, nach einem halben Jahrhundert, ist es so weit, dass 528 unserer ehemaligen Kameraden mit einem Grabstein gedacht wird.

Die Zeit, in der das Kommando in dieser Stadt in unseren Träumen Herzklopfen hervorgerufen hat, ist vorbei. Jetzt, glauben Sie mir, spüren wir, dass wir unter Freunden sind.

Im Jahr 1939 und auch während des Warschauer Aufstandes warfen deutsche Flugzeuge Bomben auf das schutzlose Warschau. Heute brachten die Hubschrauber mit dem gleichen schwarzen Kreuz den Einwohnern Südpolens Hilfe, und junge deutsche Freiwillige retteten die Einwohner und ihr Gut in den Gebieten, die von Hochwasser betroffen sind.

Und so, wie man im Jahr 1945 sagen konnte, es reiche eine Handvoll Erde zu drücken und es zeige sich Blut, so freuen wir uns gegenwärtig, dass die jungen Generationen die Wunden aus der Vergangenheit nicht mehr aufreissen müssen, die schon längst geheilt sind.

Aber, damit in Europa wahre Freundschaft herrscht und Grenzen, Rassen, Religionen und die Nationen nicht mehr trennen, ist es notwendig, dass im Bewusstsein von uns allen die auf diesem Grabmal eingravierten Worte von Bert Brecht bleiben: »Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch".

Wir danken aus ganzem Herzen für die Organisation und die Finanzierung dieser Feier durch den LAGG und für die Unterstützung durch die Gewerkschaften DGB und IGM in Frankfurt, durch den Frankfurter Friedenstreff und den Betriebsrat der Triumph-Adlerwerke.